Nachlese


Geld verleiht Flügel

Windenergie - als Markt salonfähig.

von Judith Christiansen


Es gibt mehrere Möglichkeiten, in ‘grüne’ Geldanlagen zu investieren. Die Windenergie ist eine davon. Bürgerwindparks waren Anfang der 90er Jahre groß im Kommen. Heute sind sie wieder auf dem Rückzug, weil sich große Konzerne auf die erneuerbaren Energien umstellen. Noch wird Windenergie subventioniert. Momentan sind es 9,1 Cent pro Kilowattstunde.

Motivation Windenergie
“Erneuerbare Energien sind vor dem Hintergrund Klimawandel, Emission und Erderwärmung eine sinnvolle Investition”, meint Cerstin Kratzsch, Sprecherin beim Energiekontor Bremen. Mit 5.700 Anlegern, 65 Windparks und 407 Windkraftanlagen gehören die Bremer zu den führenden Projektentwicklern in Deutschland. “Diese Energien und gerade die Windenergie spielen eine wesentliche Rolle im Strukturwandel der Energien”, führt sie weiter aus. Investitionen in diesen Bereichen seien sinnvoll aufgrund von Klimaveränderungen und der Tatsache, dass ‘erdliche’ Ressourcen zur Neige gingen beziehungsweise immer teurer würden. Etwas dörflicher geht es im Beppener Bruch, Nähe Thedinghausen zu. “Ich habe von ‘masseWind’ aus der Presse erfahren”, erzählt Marlies Wolters, Anlegerin bei ‘masseWind’ und ‘masseWatt’, einem Bürgerwindpark. “Es wurden Kommanditisten gesucht. Ich habe mich daran beteiligt, weil es eine sinnvolle Geschichte war.” Der regionale Bezug spiele eine große Rolle. “Wir möchten, dass hier etwas passiert”, meint Dieter Mensen, Gesellschafter bei ‘masseWind’. “Wenn es mir um den Gewinn ginge, hätte ich mich vielleicht an der Küste beteiligt”, stimmt Wolters dem zu. Der Bürgerwindpark ist jedoch keineswegs ein Verlustgeschäft. “Am Ende kommt relativ viel zurück. Es musste auch niemand etwas nachschießen”, so Mensen. Zu Beginn von ‘masseWind’ wurden eine Million DM gesammelt. Jeder Anleger musste mindestens 5.000 DM als Einlage aufbringen. Für viele war das die Gelegenheit, sich eine Altersvorsorge aufzubauen. “In jungen Jahren hat ja keiner etwas gemacht. Da ist das jetzt doch sinnvoll”, so Wolters. ‘masseWind’ und ‘masseWatt’ sind jeweils eine GmbH & Co. KG. “Das sind die meisten dieser Parks”, meint Mensen. “Die GmbH übernimmt die Haftung und jeder Kommanditist haftet nur mit seinem Anteil.” Frau Wolters hatte sich schon früher mit dem Thema Windenergie vertraut gemacht. “Ich hatte beobachtet, dass die in der Entwicklung ist und gehofft, dass es weitergeht. Ich finde es schön, mich an dem Projekt beteiligen zu können. Das ist eine interessante Geschichte. Wer weiß, was in Zukunft noch passieren wird.” Wolters fährt öfter mit ihrem Fahrrad an den Windrädern vorbei. “Dann spitze ich die Ohren und höre, ob es summt.”

Anlagesummen und Zeiträume
Beim Energiekontor Bremen gäbe es laut Kratzsch mehrere Möglichkeiten zu investieren. Entweder in KG1-Beteiligungen, Anleihen oder Aktien. Die Anlagezeiträume unterscheiden sich. Die Anleihen haben eine Laufzeit von fünf Jahren und KG-Beteiligungen laufen über 20 Jahre. “So alt werden die Windkraftanlagen”, erklärt Kratzsch. Bei ‘masseWind’ konnten sich einzelne Personen mit einer Einmaleinlage von mindestens 5.000 DM beziehungsweise 3.000 Euro bei ‘masseWatt’ beteiligen. Die Zukunft ist sehr wetterabhängig. Deshalb können Windertragsprognosen nur für ein Jahr im Voraus abgegeben werden. Keiner kann die Rendite langfristig genau vorhersagen, weil nicht absehbar ist, wie sich Inflation, Windsituation und Wartungskosten entwickeln werden. Momentan liegen die Betriebskosten bei 50.000 Euro jährlich. Die Einnahmen liegen bei 190.000 Euro und 40.000 Euro werden als Rücklagen einbehalten. Daraus ergibt sich eine Ausschüttung von insgesamt 100.000 Euro, die den Gesellschaftern ihren Einlagen entsprechend ausgezahlt werden. Mensens Prognose: “Pro angelegten Euro gibt es 1 bis 2 Euro als Gewinn bis 2020 obendrauf. Über die Gesamtlaufzeit kann man mit zirka 8 % Rendite im Jahr rechnen.” In den ersten Jahren haben die Anleger Steuerersparnisse durch Verlustzuweisungen gehabt. Spart man dadurch Steuern? “Das ist eine Milchmädchenrechnung, da die Gewinne irgendwann versteuert werden müssen”, betont Mensen. “Verlustzuweisungen gibt es heute nicht mehr”, erinnert Kratzsch. “Die Verluste der ersten Jahre werden mit den zu erwartenden Gewinnen verrechnet. So zahlt der Anleger ungefähr die ersten zehn Jahre keine zusätzlichen Steuern. Ab dann muss er die Gewinne normal versteuern.”

Bürgerwindparks oder große Firmen
Natürlich gibt es auch Aktiengesellschaften, die Fonds anbieten. Die haben nicht nur einen Windpark, sondern mehrere. Dadurch geht der lokale, persönliche Bezug verloren. Beim Energiekontor gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wer in eine KG einsteigt, weiß genau, in welche Windräder er investiert und wo die stehen. “Windenergie wurde anfangs belächelt, heute ist das ‘Big-Business’ geworden”, hat Dieter Mensen erkannt. “Aber Bürgerwindparks gibt es jetzt nicht mehr. Diese Phase ist vorbei.” Cerstin Kratzsch stimmt dem zu. Kommanditgesellschaften seien auf dem Rückzug. Worauf muss ein Anleger achten? “Es gibt immer eine Reihe von Szenarien, die man sich ausdenken kann. Es gibt schwarze Schafe und die sehen dann so oder so aus”, meint Kratzsch. “Der Anleger sollte ins Internet gucken und schauen, was die Anbieter bis jetzt gemacht haben. Außerdem gibt es beim ‘BWE’2 Richtlinien, die man sich anschauen kann.”

Windverhältnisse
“Perfekte Windverhältnisse haben wir im Binnenland nicht”, meint Mensen. Die maximale Leistung der Windräder ist auf einen bestimmten Nennwert festgelegt. Wenn der überschritten wird, regelt das Windrad runter. Kratzsch erklärt: “Zu jedem Standort wird eine Vorhersage von Windgeschwindigkeiten gemacht. Man dachte, dass sich die Winde durch den Klimawandel verstärken. Sie sind aber gleich geblieben.” Dieter Mensen sieht das anders: “Die Windverhältnisse haben sich verändert.” Marlies Wolters dazu: “Es gibt immer mal ein Piek. Das Wetter ist unregelmäßiger als in den 90er Jahren. Dass sich die Wetterlage immer mehr verändert, wird typisch sein.” Der Windpionier Mensen zum Abschluss: “Wir hoffen eigentlich eher, dass die Räder Auswirkungen auf den Klimawandel haben.” ... und nicht umgekehrt.

Torftipp: 1) www.massewind.de, 2) Prüfen Sie Angebote beim Bundesverband WindEnergie e.V. Der hat Kriterien festgelegt, an die sich Betreiber halten müssen. Kontakt: Marienstr. 19/20, 10117 Berlin, Tel. 030 - 28 48 21 06, bwe-berlin@wind-energie.de, www.wind-energie.de

1 Kommanditgesellschaft
2 Bundesverband WindEnergie e.V.